HydropowerINVEST II | Energiefonds | Aktuelle Rechtsfälle
HydropowerINVEST II:
„Dürre in der Kasse statt kontinuierlichem Wasserfluss!!“
24.05.2019 Die Türkei verbinden wahrscheinlich die meisten Anleger mit Trockenheit und hohen Temperaturen. Damit dürfte dieses Land vielen auf den ersten Blick nicht als der optimale Standort für ein Wasserkraftwerk erscheinen.
Der Prospekt des HydropowerINVEST II belehrt die potentiellen Anleger aber darüber, dass die Türkei über 16 % des theoretisch nutzbaren Wasserkraftpotentials in Europa verfügt. Abgesehen davon, dass das Staatsgebiet der Türkei – so allgemeine Quellen wie Wikipedia – zu 97 % Asien zugeordnet wird, ist es aber durchaus richtig, dass die Türkei ein hohes Wasserkraftpotential besitzt. Immerhin fließt der Euphrat und der Tigris durch die Türkei. Nicht umsonst wird vielfach das sog. Südostanatolien-Projekt (türk. Güneydoğu Anadolu Projesi; GAP) als größtes regionales Entwicklungsprojekt der Türkei angesehen. Es umfasst insgesamt 22 Staudämme (z.B. auch den Atatürk-Staudamm) und 19 Wasserkraftwerke und Bewässerungsanlagen entlang der beiden Flüsse Euphrat und Tigris. Eine Investition in Wasserkraft kann damit in der Türkei durchaus sinnvoll sein.
Der Verweis auf diese beiden Flüsse im Prospekt des HydropowerINVEST II auf Seite 46 dürfte aber gleichwohl eher irreführend als hilfreich gewesen sein. Dieser Verweis dürfte wahrscheinlich bei vielen Anlegern die Erwartung eines hohen Wasserkraftpotentials auch für das vorliegende Investitionsobjekt erweckt haben. Da zudem der Ausbau nachhaltiger Energie bei vielen Anlegern sehr positiv beurteilt wurde, haben rund 880 Anleger insgesamt € 37.146.900,00 (inkl. Agio) in diesen Fonds investiert.
Der Fonds hat leider nicht in der Region des Euphrat oder Tigris investiert.
In wirtschaftlicher Hinsicht stellt dieser Fonds noch weniger ein Ruhmesblatt für die Fondsinitiatoren dar. Im März 2014 gab es noch eine Ausschüttung von 1,77 % für die Anleger. Danach herrschte nicht nur im Einzugsgebiet des vorliegenden Wasserkraftwerkes eine „Dürre“, sondern auch bei den Ausschüttungen. Zunehmend verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage des Fonds, so dass sich diese Investition nunmehr für die Anleger als extrem verlustreich darstellt.
Der Fonds hat auf Seite 37 des Prospektes 16 weitere Wasserkraftwerke aufgeführt, aber letztlich nur in ein einziges Wasserkraftwerk investiert. Dieses war in dem Anlageprospekt positiv beschrieben und sollte eine Stromproduktion von 150 GWH und eine Nettofallhöhe von 19,2 m haben. Das Wasserkraftwerk sollte an dem Fluss Kizilirmak liegen, der sich über 1.355 km erstreckt und als der längste ausschließlich durch die Türkei fließende Fluss dargestellt wurde.
2014 wurden die Anleger in Gesellschafterberichten aber davon unterrichtet, dass eine außergewöhnliche Trockenheit in der Türkei herrsche. Dies wurde seinerzeit noch als Hauptursache für die wirtschaftlichen Probleme des Fonds dargestellt. Die tatsächliche Stromproduktion des Wasserkraftwerkes blieb weit unter den im Prospekt aufgeführten 150 GWh. Im Jahr 2014 soll das Wasserkraftwerk ausweislich eines Gesellschafterberichtes vom März 2015 gerade 54,48 GWh produziert haben. Die Trockenheit verbesserte sich zwar in den Folgejahren, der wirtschaftliche Verlauf des Fonds blieb höchst problematisch. Um die hohen Bankverbindlichkeiten zu bedienen, mussten zunehmend sog. „Zwischenfinanzierungen“ bei Dritten aufgenommen werden. Später wurden als weitere Ursachen der zu geringen Stromproduktion eine geringere Fallhöhe, höhere Wasserentnahmen und technische Probleme benannt.
Ende 2017 sollen die „Zwischenfinanzierungen“ nach einem Bericht der Fondsgeschäftsführung schon 21,9 Mio. € angewachsen sein. 2016 wurde ein Restrukturierungskonzept vorgestellt, welches scheiterte. Als möglicher Ausweg wurde Ende 2017 ein „Verkaufs-Szenario“ und ein „Kapitalerhöhungs-Szenario“ vorgestellt.
Eine für die Anleger positive Lösung gibt es – soweit diesseits bekannt – bis heute nicht. Wir sind ohnehin der Überzeugung, dass diese Maßnahmen nicht wirklich im Sinne der Anleger waren und damit der fast vollständige Verlust der Anlegergelder auch nicht dauerhaft hätte vermieden werden können.
Versprechungen und Prognosen der Fondsgeschäftsführungen sollten die Anleger dieses Fonds ohnehin kritisch hinterfragen. Den Anlegern dieses Fonds wurde nämlich auf Seite 10 des Emissionsprospektes des HydropowerINVEST II nicht nur ein solides Investment versprochen. Im zweiten Absatz heißt es sogar:
„Gut kalkulierbare Erträge sind ein weiteres Merkmal der Wasserkraft:
Sie produziert kontinuierlich Strom, da Flüsse stetig fließen.“
Diese Aussage hat sich – zumindest für das vorliegende Wasserkraftwerk – als unwahr erwiesen. Ohne einen stetig fließenden Fluss und eine kontinuierliche Stromproduktion sind aber kaum stetige Ausschüttungen an die Anleger zu erwarten. Wirklich stetig war vorliegend nach unserer Meinung nur der wirtschaftliche Misserfolg des Fonds.
Wer sich den Fluss Kizilirmak genauer anschaut, wird bemerken, dass dieser über Hunderte von Kilometern durch niederschlagsarme Gegenden in Zentralanatolien führt. Zudem befindet sich nur wenige Kilometer oberhalb des Wasserkraftwerkes der Obruk-Stausee. Dies wird im Prospekt eher als Vorteil dargestellt. Es gibt aber ein erhebliches Problem: Laut Wikipedia soll dieser Stausee die Bewässerung einer landwirtschaftlichen Fläche von 5538 ha sicherstellen.
Wenn Wasser knapp wird, was wird wohl Vorrang haben?
Die Bewässerung oder die Stromerzeugung eines von deutschen Anlegern finanzierten Wasserwerkes?
Aus diesem Grunde halten wir die obige Aussage der kontinuierlichen Stromproduktion und der stetig fließenden Flüsse für unvertretbar und eine Anlegertäuschung. Damit liegt unserer Meinung geradezu auf der Hand, dass die Anleger falsch informiert wurden und Schadensersatzansprüche geltend machen können.
Wasserkraftfonds von Aquila Capital – Wahl zwischen "Pest und Cholera" am Bosporus
Der aktuelle Bericht der Fondsgeschäftsführung verheißt den Anlegern nichts Gutes. Ganz im Gegenteil: Die Handlungsoptionen "Kapitalerhöhung" oder "Verkauf der Wasserkraftgesellschaft" dürften den Anlegern erscheinen wie die Wahl zwischen Pest und Cholera!
Der Beirat der Fondsgesellschaft HydropowerINVEST II bewertet "nach Abwägung aller Fakten und … Informationen" das Chance-Risiko-Verhältnis zur Teilnahme an der vorgeschlagenen Kapitalerhöhung als "nicht attraktiv". Der Stromertrag liege weit hinter den Prognosen zurück, die politische Situation in der Türkei entwickele sich aus Investorenperspektive zunehmend ungünstig, eine Kapitalerhöhung gewähre immer noch keine ausreichende finanzielle Stabilität, etc. Ein Verkauf wahre zumindest die Möglichkeit, einen kleinen Teil des eingesetzten Kapitals zurückzuerhalten. Aber: "Die Gefahr eines Totalverlustes der investierten Gelder sehen wir auch im Fall eines positiv verlaufenden Verkaufsprozesses."
Da die Kreditgeber vorrangig bedient werden, bleiben den Anlegern aus diesem Wassergeschäft bestenfalls noch ein paar Tropfen.
Das heißt aus unserer Sicht: Das investierte Geld ist so oder so komplett oder zum allergrößten Teil verloren; man sollte dem verlorenen aber jetzt nicht auch noch frisches Geld hinterher werfen.
Der Reihe nach:
Die türkische Wasserkraftgesellschaft Derya Electrik Üretimi ve Ticaret A.S. wird von zwei Fondsstrukturen gehalten, zu 74% von der Fondsgesellschaft HydropowerINVEST II und zu 26% von einem Fonds ("Co-Investor"), in dem institutionelle Investoren investiert sind. Kreditgeber der Wasserkraftgesellschaft ist die Akbank T.A.S. mit Sitz in Istanbul (ursprüngliche Kreditsumme: rd. 51 Mio. US-Dollar).
Die Fondsgeschäftsführung berichtet aktuell, dass aufgrund der "nach wie vor äußerst angespannten Liquiditätslage" die Anleger über eine Kapitalerhöhung bzw. alternativ den Verkauf dieser Wasserkraftgesellschaft abstimmen sollen. Die Kapitalerhöhung soll dazu dienen, die bestehenden Zwischenfinanzierungen inklusive aufgelaufener Zinsen in Höhe von rd. 21,9 Mio. Euro abzulösen.
Zum Kapitalerhöhungs-Szenario schreibt Aquila: "Da jedoch die zukünftige Produktionsleistung des Wasserkraftwerkes einerseits und die wirtschaftliche und politische Lage in der Türkei andererseits leider mit nicht unerheblichen Unsicherheiten behaftet sind, rät die Fondsgeschäftsführung zu einer sehr sorgfältigen Abwägung der Chancen und Risiken in Zusammenhang mit der Zeichnung von Neukapital." Zum Verkaufs-Szenario heißt es, man werde sich um eine zeitnahe Veräußerung bemühen; im Nachgang würde die Fondsgesellschaft dann abgewickelt.
Kurze Abstimmungsfrist bis 28.12.
Bei der Abstimmung (Stimmabgabe und Zeichnung der 21,9 Mio. Euro bis spätestens 28.12.2017!) geht es laut Fondsgeschäftsführung um ein zweistufiges Verfahren: "Sollte das erforderliche Kapital … nicht gezeichnet bzw. eingezahlt werden, wird automatisch das Verkaufs-Szenario zur Anwendung kommen." Und zwar ein Verkauf zu "in der Türkei marktüblichen Konditionen", da die Wasserkraftgesellschaft "nicht in der Lage sein wird, ihren Zahlungsverpflichtungen angesichts des aktuell hohen Verschuldungsgrades nachzukommen". Und weiter: "Sollten Sie gegen die Restrukturierung stimmen, droht sowohl auf Ebene der Wasserkraftgesellschaft als auch auf Ebene der Fondsgesellschaft eine Insolvenz."
Klarer kann man einem Anleger nicht die Pistole auf die Brust setzen! Erfolgte Zeichnungen im Zuge der Kapitalerhöhung werden nur dann wirksam, wenn mit ausreichender Mehrheit für die Restrukturierung gestimmt und der vollständige Betrag von 21,9 Mio. Euro bis 28.12. gezeichnet wird. Der Co-Investor habe aber bereits kommuniziert, dass er an einer Kapitalerhöhung nicht teilnehmen werde, so dass der gesamte Betrag von den Anlegern der Fondsgesellschaft aufzubringen sei!
700 Euro auf dem Konto!
Man fragt man sich, warum die Fondsgeschäftsführung nun so spät mit solch einer kurzen Fristsetzung agiert. Will sie auf diese Weise einen Verkauf "provozieren"? Denn dass die Liquiditätslage sehr angespannt ist, worauf man mit kurzfristigen Zwischenfinanzierungen und danach noch mit einem neuen Akbank-Darlehen reagiert hat, ist schon länger bekannt. Die Mitteilung an anderer Stelle, der Kontostand der Fondsgesellschaft habe Ende September 2017 ca. 700 Euro (!) betragen, dürfte Anlegern wie der blanke Hohn erscheinen.
Völlig unsichere Verkaufsszenarien
Was bei einem Verkauf für die Anleger herauskommen könnte, bleibt völlig unklar. "Aufgrund der derzeitigen nach wie vor angespannten politischen und wirtschaftlichen Lage in der Türkei – u. a. Währungsschwankungen, wenige Transaktionen" sei eine belastbare Aussage über einen möglichen Verkaufserlös nur schwer zu treffen. Mehr Unsicherheit geht nicht!
Tatsache ist, dass die Kapitalstruktur der Wasserkraftgesellschaft extrem kreditlastig ist: Per 30.09.2017 standen (laut einem türkischen Gutachten) knapp 8,9 Mio. Euro Eigenkapital insgesamt rund 43,3 Mio. Euro Fremdkapital gegenüber. Das entspricht einer Fremdkapitalquote von rd. 83%! In vier Szenarien mit unterschiedlichen Verkaufspreisen kommt die Fondsgeschäftsführung im besten Fall auf eine Auszahlung an die Anleger von rd. 25%, im schlimmsten Fall von 0%! Zwischen diesen beiden Extremwerten hat sie noch Szenarien mit 11% und mit 2% Auszahlung dargestellt.
Angesichts des Stands der Dinge müssen den Anlegern die beiden Handlungsoptionen – Kapitalerhöhung oder Verkauf – wie die Wahl zwischen Pest und Cholera erscheinen! Wir halten in Anbetracht der Überschuldung der Gesellschaft einen vorzeitigen Verkauf für das geringere Übel. Denn ob sich eine Kapitalerhöhung im Hinblick auf die wirtschaftlichen Ungewissheiten wirklich rentiert, ist aus unserer Sicht reine Spekulation.
Anleger sollten daher prüfen lassen, ob sie den Schaden nicht anderweitig geltend machen können, um sich ganz schadlos zu halten. Zu möglichen Schadensersatzansprüchen und anderen Fragen wenden Sie sich gerne an uns – wir helfen Ihnen weiter!
15.12.2017, von Mario Poberzin